Rum und Cachaça – die Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Rum kennt jeder – Cachaça dagegen ist für viele noch ein Geheimtipp. Dabei steckt hinter dem brasilianischen Zuckerrohrbrand viel mehr als nur die Grundlage für Caipirinhas. In diesem Artikel erklären wir, worin sich Cachaça und Rum unterscheiden, warum Cachaça in der EU nicht als Rum gilt, welche Rolle Tradition, Lagerung und Zusatzstoffe spielen und wie unterschiedlich beide Spirituosen weltweit wahrgenommen werden. Ein informativer Überblick für alle, die gern über den Flaschenrand hinausblicken – ob als Barkeeper, Sammler oder einfach Liebhaber guter Tropfen.
Rechtliche Begriffsbestimmung anhand der EU-Verordnung über Spirituosen
Während Rum in der Verordnung (EG) 110/2008 zur Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen definiert ist, wird der Cachaça mit keinem Wort erwähnt. Damit bleibt dem brasilianischen Zuckerrohrbrand eine eigene Kategorie verwehrt. Rum muss entweder durch die alkoholische Gärung und Destillation
- von aus der Herstellung von Rohrzucker stammender Melasse oder Sirup oder vom Saft des Zuckerrohrs selbst, oder
- von Saft aus Zuckerrohr
gewonnen sein. Die zweite Variante trifft genauso auf alle Cachaças zu. Auch der Mindestalkoholgehalt von 37,5% vol. wird von allen Cachaças eingehalten, wobei nach brasilianischer Lesart der Alkoholgehalt zwischen 38% vol. und 48% vol. liegen sollte.
Hierzulande sind allerdings kaum Cachaças mit einem Alkoholgehalt von mehr als 42% vol. erhältlich. Der Zusatz von Alkohol, der beim Rum nicht zulässig ist, ist beim Cachaça ebenfalls nicht üblich, denn die Destillate kommen nach einem einfachen bis mehrfachen Brennvorgang mit dem trinkfertigen Alkoholgehalt auf die Flasche.
Wie dem Rum wird auch dem Cachaça kein Aroma zugesetzt. Zuckerkulör darf beim Rum enthalten sein, beim brasilianischen Bruder ist das zwar ebenfalls möglich, aufgrund der Farbgebung der Spirituose aber wenn überhaupt nur beim goldenen Cachaça nötig.
Cachaca Flaschen
Der einzige Unterschied, der den Cachaça aus der Kategorie Rum zwingend ausschließt, ist der Zusatz von Zucker. Denn dem fertigen Cachaça-Destillat können noch bis zu 30 Gramm Zucker pro Liter hinzugefügt werden, was beim Rum absolut untersagt ist. Die Unterschiede zwischen den beiden Destillaten haben wir in folgender Tabelle zusammengefasst:
Merkmal | Rum | Cachaça |
---|---|---|
Rohstoff | Melasse, Sirup oder Saft aus Zuckerrohr, welche aus der Herstellung von Rohrzucker stammen oder Saft aus Zuckerrohr | Saft aus Zuckerrohr |
Mindestalkoholgehalt | 37,5%vol. | 38%vol. |
Maximalalkoholgehalt | keine Vorgabe | 48%vol. |
Zusatz von Alkohol | nicht zulässig | nicht zulässig |
Farbstoff | nur Zuckerkulör zulässig | nur Zuckerkulör zulässig |
Zuckerzusatz | nicht zulässig | bis zu 30 Gramm/Liter |
Herkunft | keine Vorgabe | Brasilien |
Die Rohstoffe, Fermentierung und Reifung bei Cachaça und Rum
Cachaça ist dem Rhum Agricole am ähnlichsten denn beide Brände werden aus dem frischen Zuckerrohrsaft produziert, während so gut wie alle anderen Rums aus der Melasse oder dem Sirup hergestellt werden, welche bei der Rohrzucker-Produktion anfallen.
Bei der Fermentierung sind die großen Cachaça-Hersteller etwas unorthodoxer, denn die zur Gärung des Saftes eingesetzten Hefestämme sind entweder aus industrieller Produktion oder natürlichen Ursprungs (Spontan-Gärung). Die Gärung wird häufig durch die Zugabe von Fermentations-Beschleunigern angestoßen – einem chemischen Hilfsmittel aus Kleie, Maisstärke, Mehl und Zuckerrohrsaft.
Beim Rum sind solche Hilfsmittel absolut tabu. Viele Hersteller legen höchsten Wert auf selbst gezüchtete Hefekulturen, die über Generationen hinweg gepflegt wurden. Dennoch gibt es auch Rum, dessen Gärung mit Industriehefe in Gang gesetzt wird.
Nach der Destillation folgt bei beiden Spirituosen eine Lagerung, die in ihrer Technik durchaus vergleichbar ist. Sowohl Rum als auch Cachaça lagern zunächst in Edelstahltanks, wo sie mit Sauerstoff behandelt werden, um unerwünschte Fuselstoffe abzubauen.
Darüber hinaus gibt es Varianten beider Spirituosen, die in Holzfässern reifen und so ein komplexeres Aromaprofil entwickeln. Mit zunehmender Lagerdauer nimmt der ursprüngliche Geschmack nach frischem Zuckerrohr ab – stattdessen dominieren feine Holznoten das Destillat.
Wie beim Rum kommen beim Cachaça häufig Eichenfässer zum Einsatz, in denen zuvor Whisky oder Cognac gelagert wurde. Ultra Premium Cachaças reifen bis zu 15 Jahre im Holzfass – Premium Rums häufig sogar noch länger.
Allerdings sind hochwertige Cachaça-Sorten im deutschen Handel nur schwer zu finden. Während Premium-Rum fest etabliert ist, bleibt Cachaça in höheren Preislagen hierzulande eine echte Seltenheit.
In Eichenfässern lagernder Cachaca
Die Möglichkeiten und das Potential von Rum und Cachaça
Jeder von uns weiß, was man aus Rum und Cachaça machen kann. Beim Rum sind die Möglichkeiten der Verwendung geradezu unbegrenzt. Man kann ihn mit Cola oder Saft mischen, für unzählige Cocktails einsetzen oder je nach Qualität auch pur genießen. Auf diese Idee würde man wohl beim Cachaça nicht kommen.
Caipirinha mit brasilianischem Cachaça
Cachaça braucht man für Caipirinha und sonst eigentlich für nichts. Früher hat man hierzulande sogar diesen Cocktail mit weißem Rum zubereitet. Für die Brasilianer wäre das ein absolutes No-Go. In der Heimat des Cachaça werden jährlich 1.500 Millionen Liter des Zuckerrohrbrandes konsumiert, während nur 10% dieser Menge überhaupt in den Export geht.
Es ist also kein Wunder, dass die Brasilianer für ihre Lieblingsspirituose mit dem Batida, Rabo-de-galo, Caju Amigo, Hot Stuff und Jaguar Milk noch eine ganze Palette an Cocktail-Varianten auf Lager haben. Diese Kreativität stellen die Brasilianer auch bei den Namen für ihren Zuckerrohr-Brand unter Beweis.
Während wir immer nur von Cachaça reden, gibt es im Portugiesischen mehr als 2.000 Synonyme für den Zuckerrohrbrand. Vom Herzöffner (abre-coração) über den Tiger-Atem (bafo-de-tigre) bis zur Augenwäsche (limpa-olho) scheinen den persönlichen Erfahrungen der Brasilianer keine Grenzen gesetzt zu sein.
Auch auf absehbare Zeit wird Cachaça in unserer Bar-Szene wohl eher ein Stiefkind bleiben, obwohl man die hochwertigen Zuckerrohrbrände mit mindestens 6-jähriger Lagerzeit auf keinen Fall in Cocktails vermischen, sondern wie einen guten Rum pur genießen sollte.
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